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Damals wie heute alles überragend: Sankt Marien, einst evangelische Pfarrkirche, heute die katholische Pfarrei Mariä Himmelfahrt
Foto: WikimediaDamals wie heute alles überragend: Sankt Marien, einst evangelische Pfarrkirche, heute die katholische Pfarrei Mariä Himmelfahrt

Stadtgeschichte

Geburtsort der „Alten Kameraden“

Ein Streifzug durch die 775-jährige Geschichte der preußischen Provinzstadt Altdamm am Dammschen See

Brigitte Klesczewski
15.04.2024

Die Stadt Altdamm [Dąbie] liegt am Ostrand der Oder an der Mündung der Plöne, die hier in den Dammschen See fließt. Bis zum Jahr 1939 gehörte sie zum Kreis Randow und wurde nach der Auflösung des Kreises zur pommerschen Hauptstadt Stettin eingemeindet.

Nach Altdamm gabelt sich die von Stettin aus kommende Eisenbahnlinie. Sie führt über Stargard durch Hinterpommern, während die andere über Gollnow nach Swinemünde oder über Cammin zur Ostsee und ihren Badeorten führt. Diese Züge nannten die Berliner Bäderbahnen. Die Hökendorfer nutzten mehr den Finkenwalder als den Altdammer Bahnhof. Das mag jedoch an der Kleinbahnlinie Finkenwalde-Neumark, die über Hökendorf führte, gelegen haben.

Die legendäre DO-X landete hier
Im Jahr 1927 wurde am Südufer des Dammschen Sees der Stettiner Flughafen für Land- und Wasserflugzeuge erbaut. Er lag nur sechs Kilometer vom Stettiner Hauptbahnhof entfernt. Das größte Wasserflugzeug der Welt, die DO-X, konnte ohne Probleme auf dem Dammschen See landen, stets eine Sensation.

Die Straßenbahnlinie aus Stettin hatte ihre Endhaltestelle nicht weit vom Flughafen entfernt. Von hier aus gingen Busse bis 1939 nach Altdamm, Finkenwalde und Hökendorf. Der nächste Bahnhof war in Finkenwalde in einem Kilometer Entfernung, der Bahnhof Altdamm jedoch in zweieinhalb Kilometern. Eine erste Adresse war der Jachthafen am Dammschen See. Hier traf man sich zum Bummeln, zum Segeln und zum Gesehen werden.

Altdamm wurde früher nur Damm genannt. Der Name hat nichts mit dem Damm von 1299 zwischen Stettin und Damm zu tun, sondern kommt aus der wendischen Sprache „Damb“ und bedeutet Eiche. Der wendische, befestigte Fischerort wurde 1121 von Herzog Boles­-law III. von Polen zerstört. Auf den Trümmern entstand danach ein deutsches Dorf, das Herzog Bogislaw I. dem Kloster Kolbatz schenkte. Barnim I. nahm 1226 den Ort von Kolbatz zu lebenslänglichem Lehen und erhob ihn 1249 zur Stadt. 1260 verlieh er der Stadt das Magdeburger Recht. Herzog Barnim I. baute eine Hofburg, die von weiten Forsten umgeben war. Am 14. November 1278 starb er in Altdamm.

Der seit Vorzeiten genutzte Knüppeldamm nach Stettin wurde 1299 durch einen steinernen ersetzt. Über die Reglitz (Ostoder) führte eine Fähre, an der Zoll erhoben wurde. Um 1370 versuchte Altdamm Verbindung zur Hanse aufzunehmen. Doch Stettin verhinderte den Beitritt. Erst im Jahr 1604 erhielt Altdamm sein eigenes Stapelrecht. In den Jahren 1540 und 1592 wüteten Brände in der Stadt. 1592 wurde die Hofburg ein Opfer der Flammen. Als Absteigequartier für seine Jagden erbaute Herzog Johann Friedrich 1592 das Fürstenhaus. Der preußische König Friedrich Wilhelm I. schenkte den Renaissancebau der Altdammer Kirchengemeinde.

Als befestigter Brückenkopf der Stadt Stettin hat Altdamm alle Kämpfe um Stettin mit ausfechten müssen. Im Dreißigjährigen Krieg musste der Ort die schwedischen Truppen versorgen. 1637 lag Altdamm in Schweden. Im Frieden von Stockholm kam das Städtchen 1720 zu Preußen. Ein wirtschaftlicher Aufstieg begann ab 1746/47, als die Reglitzwiesen und der Plönebruch trockengelegt wurden und nun Kartoffeln angebaut werden konnten. Die Eisenbahn von Stettin schloss das Städtchen an das sich nun ausbreitende Bahnverkehrsnetz an.

Industrieansiedlung und Garnison
Ab 1872 wurde die Stadtmauer abgebrochen. Altdamm konnte sich nun an der Plöne und zur Buchheide hin ausdehnen. 1873 entstand die Zellulose- und Papierfabrik. Weitere Betriebe folgten wie eine Stärke- und Sirupfabrik, Sägewerke, Spinnereien, ein Textilgewerbe und eine Fassfabrik. Ein Elektrizitätswerk wurde in den 1930er Jahren an die Plöne gesetzt. Für die Holz verarbeitenden Betriebe wurde der kleine Hafen, von den Altdammern Ablage genannt, von großer Bedeutung.

Bis 1945 war Altdamm Garnisonsstadt. Der Militärmusiker und Komponist Carl Teike kam in Altdamm am 5. Februar 1864 zur Welt und starb am 28. Mai 1922 in Landsberg an der Warthe. Er komponierte 1889 den später so populär gewordenen Marsch „Alte Kameraden“, der heute noch weltweit bekannt ist, dazu noch etwa 100 weitere Märsche.

Ein um 1590 spätgotisches Bauwerk ist die Pfarrkirche Sankt Marien. Nach dem großen Brand von 1863 wurde sie vollständig umgebaut und erhielt einen weithin sichtbaren Turm. Das Fürstenhaus wurde nach 1945 wiederhergestellt und beherbergt heute eine Bibliothek. Das Rathaus, ein Neubau von 1829 mit offener Vorhalle und kleinem Glockenturm auf dem Marktplatz, wurde Ende des Krieges zur Ruine.

Berühmte Persönlichkeiten
Aus Altdamm stammt der große Lehrmeister von Karl Friedrich Schinkel. Es ist der Baumeister Friedrich David Gilly, der am 16. Februar 1772 in Altdamm geboren wurde und am 3. August 1800 in Karlsbad starb. Er war ein führender Baumeister des deutschen Klassizismus und Begründer des modernen Theaterbaus.

Altdamm besaß zwei Volksschulen, seit 1919 eine Mittelschule und eine Berufsschule. Die Mittelschule wurde auch von Schülern aus den umliegenden Ortschaften besucht. Beliebt war besonders bei den Mittelschülern aus Richtung Hökendorf die Entschuldigung: „Die Schranken der Eisenbahn waren geschlossen. Wir mussten warten, bis die Züge vorbeigefahren waren.“ Unzählige Kinder aus Altdamm und der Umgebung lernten im Dammschen See das Schwimmen und erwarben in der dortigen Badeanstalt das Freischwimmerzeugnis. Man konnte auch hier ein Bademeisterexamen ablegen.

Das Ende, Verlust der Heimat
Altdamm wurde als letzte Bastion für Stettin am Ende des Krieges 1945 umkämpft. Viele Russen sind hier gefallen und mussten von den zurückgekehrten Altdammern begraben werden. Doch letztendlich mussten auch die Altdammer ihre Heimat verlassen.

Die 700-Jahr-Feier der Stadt wurde am 30. und 31. Juli 1949 in Lüneburg begangen. Also kann die pommersche Stadt in diesem Jahr auf 775 Jahre zurückblicken.


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